Am 12. Oktober 2023 in Düsseldorf wurde landesweit die Genehmigung und der Bau neuer Wasserkraftwerke nahezu zum Erliegen gebracht, was für den Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) eine höchst besorgniserregende Entwicklung darstellt.
Der Ausbau der Wasserkraft in Nordrhein-Westfalen hat sich nahezu zum Stillstand gebracht. Im laufenden Jahr zeigt das Marktstammdatenregister bis dato lediglich zwei kleinere Neubauprojekte mit einer Gesamtleistung von 750 Kilowatt im Land auf*. Darüber hinaus hat es bis zum Ende des dritten Quartals keine einzige Genehmigung für ein neues Wasserkraftwerk gegeben.
Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), bezeichnet diese äußerst ungünstige Entwicklung als "völlig unverständlich" und betont, "Nordrhein-Westfalen wäre nicht das Industrieland, das es heute ist, wenn es zu Beginn der Industrialisierung nicht die Wasserkraft gegeben hätte."
Die Vorteile der Wasserkraft, einschließlich ihrer kontinuierlichen und gut planbaren Verfügbarkeit bei dezentralen Projekten mit hoher Netzverträglichkeit, sind nach wie vor offensichtlich. Wasserkraftanlagen sind heute nachhaltig und fischfreundlich, und sie genießen breite Akzeptanz. Vogel betont, dass die Wasserkraft, unabhängig von ihrem Beitrag zur Energiewende, ein regenerativer Energieträger für die Stromerzeugung im öffentlichen Interesse ist. Er fügt hinzu: "Wir brauchen alle erneuerbaren Energien."
Daher plant der Projektentwickler Dr. Michael Detering auch den Bau eines neuen Wasserkraftwerks mit einer Leistung von 400 Kilowatt an der Lippe auf dem Gebiet der Stadt Werne. Das Projekt mit dem vorläufigen Titel "Wehr Stockum" könnte jährlich etwa zwei Millionen Kilowattstunden erneuerbaren Strom erzeugen. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz hat diesen Standort in einer Studie zum weiteren landesweiten Wasserkraftausbau als "ungenutztes Potenzial" ausgewiesen.
Zusätzlich plant Investor Detering einen modernen Fischaufstieg, der es Fischen ermöglichen würde, erstmals seit etwa 200 Jahren stromaufwärts in der Lippe zu wandern und die gewünschte Durchgängigkeit des Flusses, insbesondere von Umweltschützern, zu realisieren. Die Anlage selbst soll über eine fischfreundliche Turbine verfügen.
Trotz der Unterstützung des Kreises Unna und der Stadt Werne sowie eines positiven Förderbescheids der Bezirksregierung Arnsberg für die Planung und den Bau des Wasserkraftwerks sieht sich Detering bislang durch das zuständige Referat des Düsseldorfer Umweltministeriums ausgebremst. Dennoch plant er, den Genehmigungsantrag bei der Bezirksregierung Arnsberg einzureichen, von der er eine positive Antwort erwartet.
Till Knäpper, Eigentümer der Borker Naturwerk GmbH & Co. KG, plant ebenfalls die Reaktivierung eines alten Wasserkraftstandorts an der Lippe in Selm-Bork, etwa 10 Kilometer flussabwärts von Deterings Projekt in Werne-Stockum. An diesem Standort, an dem früher eine Papierfabrik stand, soll ein Wasserkraftwerk mit einer Leistung von gut 200 Kilowatt wieder in Betrieb genommen werden, wobei der Großteil des erzeugten Stroms die ansässigen Unternehmen versorgen soll.
Der LEE NRW sieht in beiden Projekten ein wichtiges Signal und betont, dass Nordrhein-Westfalen sich aufgrund des stagnierenden Ausbaus von Bioenergie in NRW nicht leisten kann, dass die Wasserkraft als zweiter erneuerbarer Energieträger komplett ausfällt. Der Vorsitzende Hans-Josef Vogel fordert, dass der Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Frühjahr 2021 und die Vorgaben des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (§ 2: "Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.") die oberste Leitlinie für Ministerien und Genehmigungsbehörden im Land sein sollten.
*Zu diesen beiden Projekten gehört eine Anlage des Wupperverbands an der Wupper-Talsperre in Radevormwald mit einer Bruttoleistung von 630 Kilowatt, deren Probebetrieb begonnen hat. Das Möllerkraftwerk Schwitten an der Ruhr in Fröndenberg mit einer Bruttoleistung von 132 kW, ein Projekt der Stadtwerke Fröndenberg Wickede, ist bereits in Betrieb. **Laut Fachverband Biogas sind im Jahr 2022 in NRW nur sieben Biogasanlagen mit vier Megawatt Leistung neu in Betrieb gegangen (siehe LEE NRW-Pressemitteilung vom 27. September 2023).
Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. (LEE NRW) fungiert als maßgeblicher Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen. In dieser Funktion dient der LEE NRW als wichtige Plattform zur Bündelung der Interessen aller Akteure, die einen Beitrag zur Energiewende in diesem Bundesland leisten. Zu seinen Mitgliedern zählen mittelständische Unternehmen, verschiedene Verbände und engagierte Bürgerinnen und Bürger. Gemeinsam verfolgen sie ein ehrgeiziges Ziel: die Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien bis zum Jahr 2045, sowohl in den Bereichen Strom, Wärme als auch Verkehr.
Der LEE NRW zeichnet sich durch sein breit gefächertes Mitgliederportfolio aus, das die Vielfalt und Bedeutung der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen widerspiegelt. Mit seiner Unterstützung, Koordination und Vernetzung trägt der Verband dazu bei, die Energiewende in diesem bevölkerungsreichen Bundesland voranzutreiben. Dabei ist er nicht allein auf landesweite Aktivitäten beschränkt, sondern arbeitet auch eng mit fünf regionalen LEE-Regionalverbänden zusammen. Diese fungieren als kompetente Ansprechpartner vor Ort, um die Herausforderungen und Chancen der Energiewende auf regionaler Ebene zu bewältigen.
Nordrhein-Westfalen, das als das Energieland Nr. 1 gilt, spielt eine entscheidende Rolle in der deutschen Energiewirtschaft. Die Erneuerbare-Energien-Branche ist in diesem Bundesland ein bedeutender Wirtschaftszweig und ein wichtiger Arbeitgeber. Mit 46.000 Beschäftigten im Jahr 2017 und einem Umsatzvolumen von 10 Milliarden Euro trägt die Branche maßgeblich zur regionalen Wirtschaftsleistung bei. Der LEE NRW setzt sich dafür ein, dieses Potenzial weiter auszuschöpfen, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben und die Ziele der nachhaltigen Energieversorgung zu erreichen.
Insgesamt ist der Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. ein zentraler Akteur in Nordrhein-Westfalen, der die Interessen und Anliegen der Erneuerbare-Energien-Branche bündelt und fördert. Dabei verfolgt er das ambitionierte Ziel, eine nachhaltige, umweltfreundliche und zukunftsorientierte Energieversorgung in diesem Bundesland zu etablieren und die Vorteile der erneuerbaren Energien bestmöglich zu nutzen.